Muskulatur - Was Ihr Arzt Nicht Erzählt
Die Heilkraft der Muskulatur
Dass sinnvoll betriebener Sport dem Organismus gut tut und allgemein die Gesundheit fördert, ist eine alte
Binsenweisheit.
Wer sich ausreichend bewegt, fühlt sich wohler, hat mehr Ausdauer, wird seltener krank und fühlt sich länger
jung.
Daneben gilt Sport als exzellenter Weg zur Traumfigur.
Doch sind viele positive Effekte von sportlicher Betätigung auf einzelne Aspekte der Gesundheit meist ebenso
unbekannt wie die genauen Wirkmechanismen, die einem Training seine Heilkraft verleihen.
Die wohl bekannteste Konsequenz aus sportlicher Betätigung ist die Abnahme des Körperfettanteils. Für
Muskelkontraktionen wird Energie benötigt, die der Körper aus seinen Fettreserven gewinnen kann. Auf die Fettdepots
greift der Körper zurück, wenn das Glykogen, die Speicherform von Zucker im Blut, verbraucht ist. Sinkt der
Energie-Level der Muskelzellen kritisch ab, wird der Fettstoffwechsel aktiviert.
Das energiereiche Körperfett wird genau für solche Energieengpässe gespeichert. Eine Schlüsselrolle spielt dabei
das Enzym AMPK (AMP-aktivierte Proteinkinase), das die Fettverbrennung verhindert, solange ausreichend Glykogen
vorhanden ist.
AMPK reguliert den Stoffwechsel, ist während der Muskelarbeit hoch aktiv und laut aktuellen
Forschungsergebnissen auch am Trainingseffekt beteiligt. (zum Beispiel Musi, 2003, in
Biochemical Society Transactions, http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/12546683)
Straffe, jugendliche Haut ist nicht nur eine Frage der vererbten Gene. Der persönliche Lebensstil lässt sich vor
allem im Alter leicht am Zustand der Haut ablesen. Wer seine Haut oft intensiver Sonneneinstrahlung aussetzt oder
das Zellgift Nikotin inhaliert, darf sich über müde, fahle Haut nicht wundern.
Ein Faktor für straffe, jugendliche Haut ist dagegen Sport. Wie eine US-Forschungsgruppe in 2010 zeigen konnte,
stimulieren Muskelzellen die Neubildung von zwei verschiedenen Typen Collagen. Erschienen ist die Studie im Journal
of Orthopaedic Research. (Cairns, 2010, http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19813241)
Das Strukturprotein Collagen wird zum Aufbau der Knorpelsubstanz an Knochen benötigt und ist außerdem wichtiger,
stützender Baustoff für Bindegewebe und Haut. In der Kosmetik ist es als Anti-Aging-Substanz bekannt. Die aktuellen
Forschungsergebnisse belegen außerdem zum ersten Mal die bekannte Beobachtung, dass Sport die Knochen gesund
hält.
Altbekannt ist dagegen die positive Auswirkung von Sport auf das Herz-Kreislauf-System. Leichter Bluthochdruck
kann mit Sport effektiv bekämpft werden.
Brandaktuell berichtet das Journal of Hypertension über eine Studie mit 219 Menschen, die sich neun Monate lang
gesund ernähren und körperlich aktiv sein mussten. Klar zeigt sich im Ergebnis die Heilkraft der Muskelaktivität.
Die nach der Versuchsphase hohe körperliche Fitness senkte den Blutdruck der Teilnehmer. Nicht nur der Blutdruck
normalisierte sich, die Körperzellen wurden zudem sensitiver gegen Insulin, sodass das Diabetes-Risiko
sank. (Totsikas, 2011, http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21505353)
Forscher der Universität Durham (USA) haben festgestellt, dass durch das regelmäßige Training bei Frauen
außerdem im Muskelgewebe neue Blutgefäße gebildet werden, die ebenfalls den Blutdruck regulieren und dem erhöhten
Sauerstoffbedarf der trainierten Muskeln gerecht werden.
Bei Männern, die von vorneherein über mehr Blutgefäße in den Muskeln verfügen, bleibt dieser Effekt allerdings
aus. (Duscha, 2003, http://www.dukehealth.org/health_library/news/6597)
Nachweislich werden Körperzellen durch Sport sensitiver gegen Insulin, wie bereits andere Studien zeigten. Um
die Insulin-Sensitivität nachhaltig zu erhöhen, sollte man 170 Minuten Sport pro Woche einplanen.
(Houmard, 2004, Journal of Applied Physiology, http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/12972442)
Eine wichtige Rolle für den Transport von Glukose in die Körperzellen und die Wirkung von Insulin spielen dabei
die vom Muskel während des Trainings gebildeten Interleukine IL-6, IL-8 sowie IL-15, die die Glukose-Aufnahme
erleichtern, wie Forscher der Universität Aberdeen zeigten. (Gray, Kamolrat, 2011, in
Cytokine, http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21600784)
Zusammen mit der erhöhten Insulin-Sensitivität wird einem Typ-II-Diabetes effektiv vorgebeugt.
Der vom Muskel produzierte Zellbotenstoff IL-6 wirkt außerdem stärkend auf das Immunsystem und stimuliert die
Fettverbrennung, während Interleukine als Ursache für den entzündungshemmenden Einfluss von Sport diskutiert
werden. (Peterson, 2005, in Journal of Applied Physiology, http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15772055)
Auch für den wohltuenden Effekt von Sport auf die bleierne Müdigkeit bei der Krebstherapie könnte ein
Interleukin, das IL-6, verantwortlich sein. (Wood, 2009, in Oncology Nursing
Forum, http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19726392) IL-6 stimuliert zudem die Bildung anderer Myokine (Pederson, 2007, Biochemical Society Transactions, http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17956334), die
entzündungshemmend wirken. Interleukin-15 wird dabei sogar als Botenstoff gegen Tumorwachstum diskutiert. In
Zellkultur stimuliert es bestimmte Anti-Tumor-T-Zellen und wird als potentielles Mittel einer Krebstherapie
vorgeschlagen. (Klebanov, 2004, in Proc Natl Acad Sci USA, http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/14762166)
Klinische Studien dazu werden derzeit vom National Cancer Institut (USA) vorbereitet (http://www.clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT01021059)
Schließlich muss noch das Klischee vom dummen Sportler widerlegt werden. Das Protein BDNF (Brain-derived
neurotrophic factor) stimuliert die Verknüpfung und Neubildung von Nervenzellen in Gehirn und zentralem
Nervensystem sowohl bei Kindern im Wachstum als auch bei Erwachsenen. BDNF ist dabei einer der aktivsten Faktoren
im Körper. BDNF-Knockout-Mäuse sterben oft kurz nach der Geburt oder weisen schwere, neurologische Schäden auf. Bei
Ratten kommt es nach körperlicher Aktivität zu einer Erhöhung des BDNF-Levels und so kann vermutlich auch der
Mensch die Bildung von BDNF durch Sport anregen. Allerdings wurde dies bislang noch nicht am Menschen
untersucht.
Die erhöhte Konzentration an BDNF kann die geistige Leistungsfähigkeit steigern und das Lernen erleichtern sowie
neurodegenerative Krankheiten verhindern. (Cotman and Berchtold, 2002, in Trends in
Neurosciences, http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/12086747; Cotman and
Engesser-Cesar, 2002, in Excercise and Sport Sciences Reviews, http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11991541)
Ein Mangel an BDNF kann dagegen zu ernsten, psychischen Krankheiten führen, wie zum Beispiel Schizophrenie.
(Xiu, 2009, in Progress in Neuro-Psychopharmacology and Biological Psychiatry,
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19720106)
Ausreichend körperliche Aktivität tut also dem gesamten Organismus gut. Muskeln befinden sich überall im
menschlichen Körper und ihre regelmäßige Beanspruchung hat wie gezeigt eine Reihe von positiven Effekten auf ganz
unterschiedliche Funktionen des Körpers.
Von ausreichend Bewegung profitiert daher jeder Mensch und bleibt mit etwas Training bis ins Alter fit, grade
während der heutige Lebensstil leider meist wenig Bewegung und körperliche Anstrengung und damit Muskelaktivität
mit sich bringt.
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